Motorische Fähigkeiten (Grundeigenschaften)

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Motorische Fähigkeiten sind Eigenschaften des menschlichen Körpers, die die Grundlage von Bewegungen bilden und zugleich die körperliche Leistungsfähigkeit beschreiben. Zu den fünf Grundfähigkeiten gehören Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination. Die Fähigkeiten sind zu einem gewissen Teil angeboren, aber unterschiedlich stark ausgeprägt, beeinflussen sich gegenseitig und müssen regelmäßig trainiert werden. Zugleich schaffen sie die Grundlagen für jede Fertigkeit, die ein Mensch erlernen möchte. Krabbeln, Laufen, Kniebeugen, Liegestütze, Klimmzüge, der Handstand und die Standwaage sind Fertigkeiten, die wir im Laufe des Lebens erlernen und durch Training verbessern können. Ohne ausreichend Kraft, Beweglichkeit, Reaktionsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit und weitere Grundeigenschaften können wir sportliche Fertigkeiten nicht erlernen.
Die Sportwissenschaft unterscheidet zwischen konditionellen und koordinativen Fähigkeiten.


Konditionelle Fähigkeiten

Für die Ausführung und das Beherrschen von Bewegungsabläufen bilden die konditionellen Fähigkeiten die Basis. Zu ihnen gehören Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Beweglichkeit. Schnelligkeit und Beweglichkeit besitzen zugleich viele koordinative Anteile. Aus diesem Grund werden sie als gemischt konditionell-koordinative Fähigkeiten bezeichnet.

Grundsätzlich unterliegen alle konditionellen Fähigkeiten einem natürlichen Veränderungsprozess durch Wachstum und Entwicklung, durch Alltagsbelastungen und den Alterungsprozess. Wer seinen Körper regelmäßig sportlichen Reizen aussetzt, kann die konditionellen Fähigkeiten weiterentwickeln. Auch innerhalb von Veränderungsprozessen wie der Alterung ermöglicht uns ein regelmäßiges Training, die Fähigkeiten weitgehend zu erhalten.
In sportartspezifischen Trainingseinheiten werden die konditionellen Fähigkeiten in der Regel kombiniert trainiert. So liegt zum Beispiel im funktionellen Training der Fokus auf Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit und bei vielen Ballsportarten werden unter anderem Schnelligkeit und Kraft trainiert.

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Kraft

Kraft trainieren
  • Kraft im sportlichen Sinn kann in 4 Arten bzw. Erscheinungsformen auftreten: Maximalkraft, Reaktivkraft, Schnellkraft und Kraftausdauer.
  • Die Maximalkraft bildet die Basis für alle anderen Kraftarten. Zusammen mit der Schnellkraft ist sie zum Beispiel beim Kugelstoßen gefordert.
  • Die Reaktivkraft ermöglicht es uns, einen hohen Kraftstoß zu erzeugen. Sie ist bei allen Sportarten, die Sprungkraft und schnelle Sprints beinhalten, relevant.
  • Die Kraftausdauer ermöglicht es uns, Kraftleistungen über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten und Ermüdungserscheinungen zu widerstehen. So profitieren unter anderem Schwimmer und Ruderer von einer guten Kraftausdauer.
Ausdauer trainieren

Ausdauer

  • Ausdauer beschreibt die Fähigkeit, Belastungen ohne größere Ermüdungserscheinungen über einen längeren Zeitraum auszuhalten und bis zur individuellen Beanspruchungsgrenze fortzusetzen.
  • Innerhalb der Ausdauer gibt es mehrere Möglichkeiten der Differenzierung:
    • Differenzierung nach Art der Energiebereitstellung: aerob und anaerob
    • Differenzierung nach Umfang der beanspruchten Muskulatur: Ganzkörper- oder Teilkörperbelastungen
    • Differenzierung nach der Zeitdauer der Beanspruchung: Kurzzeitausdauer bis zu 2 Minuten, Mittelzeitausdauer 2 bis 10 Minuten, Langzeitausdauer ab 10 Minuten
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Schnelligkeit trainieren

Schnelligkeit

  • Schnelligkeit ist die Fähigkeit, Signale aufzunehmen und mit körperlichen Bewegungen in höchster Geschwindigkeit zu reagieren.
  • Die Schnelligkeit kann sich auf Teilkörperbewegungen der Arme oder Beine sowie auf Ganzkörperbewegungen beziehen.
  • Schnelligkeit, zum Beispiel in Form der Reaktions- oder Bewegungsschnelligkeit, ist nur dann zu erreichen, wenn die koordinativen Fähigkeiten gut entwickelt sind.
Beweglichkeit trainieren

Beweglichkeit

  • Beweglichkeit ist die Fähigkeit, Bewegungen mit einer großen Bewegungsweite auszuführen. Sie definiert sich über die Gelenkigkeit und die Dehnfähigkeit.
  • Die Gelenkigkeit wird durch die Gelenkstruktur bestimmt und kann nicht trainiert werden. Die an der Bewegung beteiligten Knochen können nur bestimmte Winkelstellungen einnehmen.
  • Die Dehnfähigkeit wird durch die Elastizität der die Gelenke umspannenden Sehnen, Bänder und Muskeln beeinflusst. Sehnen und Bänder haben stabilisierende Funktionen und ihr Dehnungsvermögen lässt sich nicht wesentlich verbessern. Die Muskulatur hat dabei besondere Bedeutung, ihre Dehnfähigkeit lässt sich trainieren (siehe Beweglichkeitstraining).
  • Auch die muskuläre Kraft und die muskuläre Koordination haben Einfluss auf unsere Beweglichkeit.
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Koordination

Das komplexe Zusammenspiel zwischen dem Gehirn, den Nervenbahnen im Rückenmark und den ausführenden Muskeln ermöglicht uns Bewegungen. Mit Hilfe der Koordination – Sammelbegriff für verschiedene koordinative Fähigkeiten – schaffen wir es, Bewegungen in hoher Qualität und Effizienz auszuführen und Teilbewegungen aufeinander abzustimmen. Die koordinativen Fähigkeiten müssen erlernt und weiterentwickelt werden, sie sind nicht angeboren.

Koordinative Fähigkeiten

Training der koordinativen Fähigkeiten

Im Freizeitsport werden meist einseitig bestimmte konditionelle Fähigkeiten wie Kraft oder Ausdauer trainiert, die dem verbreiteten Selbstoptimierungswahn entsprechen. Leider bleiben nicht nur beim Krafttraining an Maschinen oder beim elektrischen Stimulationstraining (EMS) die koordinativen Fähigkeiten auf der Strecke. Hinzu kommt: Mit zunehmendem Alter bilden sie sich automatisch zurück. Um diesem „Vergessen“ entgegenzuwirken, müssen wir die einzelnen koordinativen Fähigkeiten mit Hilfe eines Koordinationstrainings regelmäßig trainieren.

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Es gibt 7 koordinative Fähigkeiten. In der Regel werden Bewegungen durch das Zusammenspiel mehrerer der folgenden Fähigkeiten ermöglicht.

 

Reaktionsfähigkeit

  • Sie ermöglicht es uns, auf verschiedenste Signale schnell und angepasst zu reagieren.
  • Beispiele: Ball fangen, umfallendes Glas greifen, Fahrrad oder Auto abrupt abbremsen

Umstellungsfähigkeit

  • Sie versetzt uns in die Lage, Handlungen und Bewegungen möglichst schnell an eine veränderte oder neue Situation anzupassen.
  • Beispiele: Beim Radfahren oder Joggen endet plötzlich der befestigte Weg und Sie reagieren.

Kopplungsfähigkeit

  • Sie koordiniert die Bewegungen einzelner Körperteile, stimmt diese aufeinander ab und passt sie einer zielgerichteten Gesamtbewegung an.
  • Beispiele: Diagonales Zusammenspiel von Arm- und Beinbewegungen beim Skilanglauf oder Nordic Walking in Kombination mit dem Stockeinsatz.

Orientierungsfähigkeit

  • Sie versetzt uns in die Lage, unsere Position in einem Raum zu erkennen und zielgerichtete Bewegungen und Positionsänderungen vorzunehmen.
  • Beispiele: Sie laufen abseits von Wegen durch einen dichten Wald oder durchlaufen einen Hindernisparcour.

Gleichgewichtsfähigkeit

  • Sie hält unseren Körper bei Bewegungen, aber auch beim Sitzen und Stehen in einer stabilen Position. Sie ermöglicht es uns, nach einer schnellen Bewegung oder einem Sprung den Körper zu stabilisieren.
  • Beispiele: Auf Balken oder Seilen balancieren, auf einem Bein stehen, Fahrrad fahren

Rhythmisierungsfähigkeit

  • Sie ermöglicht es uns, einen Rhythmus wahrzunehmen und die Bewegungsabläufe zeitlich strukturiert an diesen anzupassen.
  • Beispiele: Tanzen, Aerobic

Differenzierungsfähigkeit

  • Sie versetzt uns in die Lage, Bewegungen möglichst präzise und ökonomisch – mit angepasstem Kraftaufwand – auszuführen.
  • Beispiele: Sie werfen einem Partner über eine bestimmte Entfernung einen Gegenstand, zum Beispiel einen Schlüssel, zu.